impressions of the 60s
boys, girls, old and young, friends, audiences, long hair and short skirts, fashion and Zeitgeist
Als die Rolling Stones am 15. September 1965 in der Waldbühne auftraten, waren nicht nur Klaus Dreymann und seine Team Beats als Vorgruppe anwesend 1, sondern auch Horst-Dieter Keitel. Andere waren natürlich auch noch da – so ca. 20.000.
Horst-Dieter war 15. Und er hatte eine ordentliche Matte, länger als sein Chef erlaubte. Beim Konzert wurde er eines ordentlichen Polizeiaufgebots gewahr, das galt als natürlich, schließlich waren die Stones ja als gemeingefährlich eingestuft und das Publikum sowieso. Viel Feind, viel Ehr. Und es war übervoll, denn Leute hatten am Tag zuvor Löcher in die Zäune geschnitten.
Als die Stones auf die Bühne kamen, war die Stimmung schon siedend; die ersten Stuhlreihen waren geschreddert und für Lagerfeuer verwendet worden. Schon bei der Vorgruppe The Team Beats war alles vor die Bühne gestürmt und stand dicht gepresst. Bei den Stones wurde es nun noch enger. Jagger ließ seine Jacke kreisen und ein Stageflitzer schnappte sie sich und verschwand damit im Publikum. Das fand Jagger nicht gut. Die Stimmung kippte. Nicht nur deshalb.
Horst-Dieter Keitel: „Ich befand mich auf der linken Seite im unmittelbaren Bühnenbereich, als der Tumult losging. Auf der Bühne standen inzwischen weit mehr ‚Kalkmützen‘ als Musiker. Die Stones hatten offenbar den Überblick verloren und Schiss gekriegt, als sie sahen, wie die Masse zu ihren Füßen unkalkulierbar zu brodeln begann und Fans aus der ersten Reihe bereits begannen, die Bühne zu entern.“
Die Stones versuchten noch mit langsamen Songs die Stimmung ein wenig zu beruhigen, aber das gelang nur wenig. „Dann war das Konzert urplötzlich und unerwartet vorbei, die Stones verschwunden, und zu allem Überfluss ging auch noch das Licht aus.“
Da nahm Horst-Dieter diese seltsamen, knackenden Geräusche war, die immer stärker zu werden schienen. „Das waren die systematisch und flächendeckend zerlegten Sitzreihen aus Holz, deren Reste dann in Richtung Bühne geflogen kamen und viele verletzte, wie am nächsten Morgen in den Zeitungen rauf und runter zu lesen war. Was aber tun, in solch einer Situation? Immerhin sollen weit über 20.000 Jugendliche mit von der Partie gewesen sein. Und mit so vielen ausgeflippten Leuten im Rücken war der kürzeste und vermeintlich ungefährlichste Weg aus der Freilichtbühne heraus nun mal über die Bühne, durch einen langen, katakombenartigen Tunnelgang ins Freie auf der Rückseite der Anlage.“
Beim Erklettern der Bühne hatte ihm, „ganz Freund und Helfer – ein Bullezist mit einer Hand praktisch und vermeintlich hilfreich unter den Arm gegriffen, um mir mit der anderen Hand zweimal kurz und knackig den Knüppel – zack! zack! – über die Matte zu ziehen und zwei gelungene, wie Sau blutende Platzwunden zu platzieren.“ Horst-Dieter war nun ziemlich angefressen, aber sein Ärger verrauchte später, als ihm im Krankenhaus drei verletzte Polizisten gegenüber saßen. „Einer davon mit dick verbundenem Schädel, völlig apathisch mit einem seiner Finger in dem klaffenden Loch in seiner weißen Mütze rührend.“
Nun sollte man annehmen, dieser Konzertabschluss wäre für Horst-Dieter mit einem traurigen Resümee verbunden gewesen, doch weit gefehlt. Obwohl sich die Berliner Rettungsdienste mit einer Reihe von Kranken- und Rettungstransportwagen vor dem Waldbühnengelände in Bereitschaft gehalten hatten, reichten die Krankentransportmöglichkeiten bei weitem nicht aus. So kam es, dass Horst-Dieter in einem bereits belegten Krankenwagen mitfahren musste. Auf der Trage lag die vierzehnjährige blonde Anita, die beim Anblick ihres Lieblingsstone in Ohnmacht gefallen war (obwohl sie keinesfalls so anämisch aussah) und nun zur kreislaufstabilisierenden Maßnahme in ein Krankenhaus gefahren werden sollte. Zu ihr gesellte sich der blutende Horst-Dieter. Trotz der gesundheitlich misslichen Lage entsponnen sich zwischen den beiden zarte Bande und so geschah es, dass man ein Jahr und noch ein wenig mehr amourös verbunden war. Anita war ja auch ein bildhübsches Ding und modisch ganz up-to-date. Ihre Jeans waren so eng, wie es sich jeder Beatjünger erträumte.
Nun hatte der Abend des 15. September für Horst-Dieter aber Folgen, die über die zarten Bande mit Anita hinausgingen. Horst-Dieter, damals als Lehrling auf dem Kontor der VW-Vertretung Meissner in Berlin-Schöneberg, hatte sich durch seine Mutter bei seinem Lehrherrn krank melden lassen. Er habe hohes Fieber (was angesichts des bevorstehenden Stones-Konzerts für mich eindeutig nachvollziehbar ist). Nun wurde er an jenem Abend von anderen Angestellten der Firma Meissner bei eben diesem Konzert gesichtet und – es müssen Beatles-Fans gewesen sein – beim Chef verpfiffen. Schon am 16. September tippte die Geschäftsführung einen Brief an die Eltern des Delinquenten, dass man beabsichtige, das Schiedsgericht zwecks Entlassung des Lehrlings aus dem Ausbildungsverhältnis anzurufen. Man merkt in diesem Schreiben an, dass man den Herrn Lehrling bereits vorher aus dem Kontor hätte verbannen müssen, wegen seiner liderlichen Kleidung und da er ungewaschen und ungekämmt zur Arbeit erschienen sei. Gezeichnet hat diesen Brief der Prokurist der Firma.
„Ja, es war meine werktägliche Übung, eine Portion Brisk, wahlweise Klettenwurzelöl oder ähnliches Zeug in die Haare zu schmieren – und dazu auch noch Haarspray – um die bald bis zur Schulter reichende Matte – seinerzeit das Wichtigste überhaupt – zu tarnen und meinen Chef zu täuschen. Ich habe die Haare hinten unter den Hemdkragen geschoben. Wenn ich im Büro war, habe ich mich den Leuten möglichst nur frontal gezeigt.“
Aber auch der nicht vorhandene bürgerliche Haarschnitt wurde in dem Brief an die Eltern negativ vermerkt. Das Horst-Dietersche Täuschungsmanöver scheint also nur in Grenzen von Erfolg gewesen zu sein.
>>Brief der Fa. Meissner an Vater Keitel
„Abends, wenn ich nach Hause kam, habe ich mir das Zeugs als erstes aus den Haaren gewaschen.“ Dann wallte Horst-Dieters Matte wieder so prächtig und ästhetisch, wie wir es auf den Bildern sehen. Und die Fa. Meissner wartete auch nicht auf Schiedsgericht und Stellungnahme der Eltern zum (Fehl)Verhalten ihres Sohnes. Bereits am 17. September erfolgte die Auflösung des Lehrverhältnisses – fristlos. Am 18. September konnte er morgens bereits ein wenig länger schlafen.
>>2. Brief der Fa. Meissner an Vater Keitel
Für Horst-Dieter Keitel erwies sich dies als großes Glück, denn nach einer kurzen Episode bei Siemens und einer Zeit u.a. als Pflastermaler („Per Autostop kreuz und quer durch Europa.“) etablierte er sich als Künstler und Karikaturist. Noch heute dankt er dem Mann von der Polente, der ihm damals den Gummiknüppel über die Birne gezogen hat.
Starten wir mit „I wish it was ’59 again“.
Helmut Radermacher: „Die ersten Fotos sind tatsächlich ’59, das letzte aber von 1961. Dort sieht man nicht nur meine Singles, EPs und LP, sondern eben auch Werbematerial, das ist Plattengeschäften im Fenster ausgestellt wurde. Heute sind solche Teile in gutem Zustand unbezahlbar. Ich kaufte ja viele Platten, um immer die neuesten, guten Hits zu besitzen. Sie wurden dann auch von mir einstudiert. Das begann mit dem Abschreiben des Textes, was damals ein schwieriges Unterfangen war, man wollte die Platte ja nicht nach zehnmal oder mehr ‚Plattenarm wieder ein paar Millimeter zurück‘ schon in unbrauchbarem Zustand haben. Manchmal konnte auch ein Tonband nützlich sein, aber das wurde so recht arg strapaziert. Die Werbeteile – die großen bekam ich manchmal sofort als guter Kunde – aber auch schon mal später, weil die Werbung ja noch ein Zeitlang wirken sollte. Aber ich bekam sie. Später, ca. 1964, wurde mir mal aus dem Band-Bus ein großer Koffer gestohlen, darin befanden sich auch solche Teile – und Hunderte von Fotos von mir und unserer Band, alle ordentlich in Alben eingeklebt.“
Aber jetzt geht’s in die 60s (und später nochmals retour)
Der Weihnachtsbaum, The Rottniks im feinen Zwirn und die weiblichen Fans sind ganz gebannt
Jerry Bürger (re) mit Freund Dieter, 1961 machen auf Billy Fury & Marty WIlde
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Gerhard ‚Jerry‘ Bürger, Bielefeld, 1964 – wenn man die Smash…! Boom…! Bang…! CDs nebeneinander stellt, ergibt sich ein Bild aufgenommen während des Lords-Auftritts bei ‚Wir suchen die deutschen Beatles‘ im Star-Club… Jerry ist im Bild zu sehen.
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>> Twistveranstaltung mit The Six Tornados 1963 – Zeitungsausschnitt
>>getwistet bis die Hosen krachten!
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- Es gibt ein Bild von ihm auf dem Verstärker von Brian Jones sitzend ↩